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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 79

1908 - Berlin : Süsserott
79 Die W as s er s t r aß e n sind die Hauptträger des riesigen Binnen- verkehrs. Die wichtigste Verkehrsader ist die Wolga. Sie vermittelt den Austausch zwischen der kornreichen Mitte, dem fisch- und salz- reichen Süden, dem erzreichen Osten und dem holz- und pelzreichen Norden des Landes. Neben ihr hat die Newa die größte Bedeutung. Sie bringt die Waren aus den holz- und flachsreichen Gegenden nach der Ostsee. An Eisenbahnen waren 1906 55000 km (außerdem 12 000 km in Asien; die sibirische, transbaikalische Bahn) vorhanden. Die wichtigsten Linien sind folgende: 1. Moskau—petersburg, 2. ,, —Warschau—alexandrowo (—Odessa), 3. ,, —Rostow—baku, 4. ,, —Sewastopol, 5. ,, —Archangelsk, 6. ,, —Samara-Ufa—sibirien ; 7. Petersburg—wilna—eydtkuhnen—berlin. Auf letztgenannter Strecke verkehrt der Nordexpreß Ostende (Paris)—Berlin, der zweimal wöchentlich nach Petersburg und einmal bis Warschau geführt wird. Der Straßenbau leidet unter dem M angel an Steinen ; Ch ausseen sind fast gar nicht vorhanden (Schlittenverkehr im Winter). Die wichtigsten Binnenplätze sind Moskau, Nischni Nowgorod (Messe dauert 4 Wochen, Juli bis August; Umsatz y2 Milliarde M), Rostow, Charkow, Warschau. Der Außenhandel richtet sich in erster Linie nach Deutschland (Handelsvertrag). Dann folgen Groß- britannien und in weitem Abstände erst Holland, Frankreich, die Union, Italien, Belgien, Österreich-Ungarn, Dänemark und die Türkei. Ein nicht unbedeutender Austausch findet mit Sibirien und über dieses mit China sowie mit Persien statt (Karawanen- handel — Tee, Rohseide, Teppiche). Nenne wichtige Ausfuhr- gegenstände ! Der größte Teil der russischen Ausfuhr geht über Odessa (Weizen, Roggen, Gerste, Petroleum, Holz, Häute, Talg). Es versorgt alle Mittelmeerstaaten, Großbritannien, Belgien und Holland mit Getreide, sendet Petroleum die Donau aufwärts und unterhält zahlreiche Dampferlinien („Russische Schiffahrts- und Handelsgesellschaft" und „Freiwillige Flotte") nach allen Häfen des Schwarzen Meeres, der Levante, Marseille und Ostasien bis Wla- diwostok. An der Ostsee ist Petersburg der erste Platz, zugleich der größte Einfuhrhafen Rußlands. Für Kaffee, Baumwolle,

2. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 78

1908 - Berlin : Süsserott
- 73 Spindeln 1907: 7,4 Mill.). Hauptsitz derselben ist einerseits Polen mit dem Zentrum Lodz-Warschau, anderseits Mittelrußland mit Moskau- Kaluga-Wladimir-Jaroslawl. Daneben ist als drittes Hauptgebiet Peters- burg-Narwa zu merken. Berühmte Kattune kommen aus Kasan. In allen genannten Orten, außerdem noch in Minsk und Charkow, ist auch die Wo 11 warenindustrie zu Hause. Jedoch müssen feine Gewebe aus England, Frankreich und Deutschland eingeführt werden. Lei ne n- und Hanffabrikate werden im Moskauer Bezirk hergestellt, außerdem in Rjäsan, Orel, Pensa und Kostroma. Twer hat große Seilereien. Die Seidenweberei ist in Moskau blühend, ebenso in Wladimir und Orel. Der Bedeutung nach folgt an zweiter Stelle die Eisen - und Metall- industrie. Eisenhütten und -werke sind vorzugsweise in den fünf großen Bergbaugebieten zu finden. Große Eisengießereien und Maschinen- fabriken gibt es in Petersburg (Putilowwerke mit 12000 Arbeitern), Warschau, Moskau, Kostroma und Odessa, große Hüttenwerke in J ekaterinburg. T ula und Rj äsan liefern Metall waren aller Art, Haupt- platz für landwirtschaftliche Maschinen ist Odessa. Große Ge- wehrfabriken besitzen Tula, Kiew und Moskau ; Perm hat eine bedeutende G e s c h ü t z gießerei. Die chemische Industrie verfügt über viele Spiritusbrennereien in Wilna, Petersburg, Warschau und Kiew. Berühmt sind die Ölmühlen von Saratow und die Talgschmelzereien, Stearinlichte- und Seifenfabrikation in Lublin, Poltawa, Kasan, Samara und Odessa. Die Tabak Verarbeitung blüht in vielen Orten des Westens (Warschau, Wilna, Kischinew — Zigaretten) ; einen guten Ruf hat die Herstellung von Likören (Getreidekümmel) und Konfitüren (russische Drops). Die Bereitung des Kaviars beschäftigt etwa 50000 Personen in Astrachan und den Gegenden südwestlich von Odessa. Ausgezeichnet ist die Lederindustrie entwickelt, die fast überall vertreten ist. Kostroma liefert das berühmte Juchtenleder. Auch Holz- und Papierindustrie sind vorhanden. Erstere liefert viele be- rühmte Sonderartikel (Petersburg und Moskau), Zündhölzer (Odessa) und wasserdichte Schachteln (Reval). 4. Handel und Verkehr. Der russische Handel entspricht nicht der Größe und Produktion des Riesenreiches. Die weiten Entfernun- gen, der Mangel an Verkehrswegen und die ungünstigen klimatischen Verhältnisse sind neben der Lage (siehe diese!) die Haupthinderungs- gründe, obwohl der Russe ein Geschäftsmann ersten Ranges ist. Der Binnenhandel bedient sich hauptsächlich der Wasserstraßen, in neuerer Zeit auch des Eisenbahnnetzes; der Außenhandel erreichte 1906 in Ein- und Ausfuhr 3,9 Milliarden M, wobei die Ausfuhr um rund 800 Mill. M die Einfuhr überwog. Der Anteil Rußlands am Welthandel stellte sich damit auf 3,4%.

3. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 80

1908 - Berlin : Süsserott
— 8o — Wein, Heringe, Tabak, Farben, Drogen und Chemikalien ist es der Hauptmarkt; es hat eine bedeutende Börse und ist Sitz der Reichs- bank. Als Ausfuhrorte haben an der Ostsee Riga, Reval, Windau und Libau sowie das finnländische Helsingfors (Holz, Butter, Papier) Bedeutung. Libau ist zu einem Haupthafen ausgebaut worden (Konkurrenz für Königsberg und Memel!) und dient ebenso wie die andern genannten Häfen der Ausfuhr von Flachs, Hanf, Lein- samen, Getreide und Holz. Der Verkehr mit Deutschland stellte sich 1906 auf 1088,5 Mill. M in der Ausfuhr (Getreide, Bau- und Nutzholz, Eier, Gold, Flachs, Geflügel, Leinsaat, Häute und Felle, Ölkuchen, Hanf, Pferde, Blasen und Därme, Butter, Petroleum usw.) und 457 Mill. M in der Einfuhr (Maschinen, Lokomotiven, Eisenwaren, Fahrräder, Silber, Stein- kohlen und Koks, Wollgarne, Bücher, Karten und Musikalien, Anilin- und andere Farbstoffe, Klaviere, Papier-, Pappwaren usw.). C. Das russische Asien. Seit dem 16. Jahrhundert ist Rußland unaufhaltsam nach Osten vorgedrungen. Heute reicht seine Macht bis zu den Küsten des Stillen Ozeans. Da im äußersten Osten die Erfolge der russischen Eroberungspolitik durch den russisch-japanischen Krieg sehr in Frage gestellt worden sind, sucht es seinen Einfluß in Persien zu mehren und drängt durch seine turkestanischen Schutzstaaten bis an die Tore Indiens vor. So wenig die innerrussischen Zustände Veranlassung zur Nacheiferung geben mögen, so sehr hat sich der Russe als Kolonisator bewährt. Der erobernde Soldat blieb meist als Ansiedler im Lande, baute Dörfer und Städte; der deportierte Verbrecher wurde zum Kulturträger, und besonders der Bau der sibirischen Bahn ist ein Kulturwerk ersten Ranges. Die Macht der russischen Kolonisation ist in dem Anpassungsvermögen des Russen zu suchen. Er läßt den Bewohnern des unterworfenen Landes ihre Sprache, ihre Religion, erweist ihnen Wohltaten, vermischt sich mit ihnen und verlangt nur eines von ihnen: Ehrfurcht vor dem ,,weißen Zaren". Unter diesen Umständen hat sich der asiatische Besitz Rußlands verhältnismäßig günstig entwickelt. Derselbe gliedert sich in Sibirien und Kaukasien. Die Statthalterschaft des „fernen Ostens" besteht nur noch aus den Küstengebieten und der Nord- hälfte der Insel Sachalin, deren Südhälfte ebenso wie das frühere

4. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 73

1908 - Berlin : Süsserott
— 73 — Bodenfruchtbarkeit ist fast unerschöpflich in der Region der „schwarzen Erde" und im Weichselgebiet. Getreide kann bis auf den nördlichen Gürtel und die Steppen am Kaspischen Meer überall angebaut werden, der Wald bedeckt noch 39% der Bodenfläche, und die grasreichen Steppen Südrußlands beeinflussen die Tierzucht recht günstig. 5. Bevölkerung. Sie ist ein buntes Völkergemisch, dessen Haupt- element die Slaven (Russen und Polen) darstellen. Die Russen gliedern sich wieder in Groß-, Klein- und Weißrussen. Die ersteren wohnen in der Mitte des Reiches, die Kleinrussen (und Kosaken) südlich und südwestlich davon und die Weißrussen westlich von den Großrussen im Dnjepr- und Dünagebiet. Die Polen nehmen das ganze Weichselgebiet ein, Letten und Litauer wohnen an der Ostsee, Rumänen im Südwesten des Reiches. Völker mongo- lischen Stammes sind die Esten und Finnen (wo zu suchen?) und die Lappen und Samojeden im Norden, außerdem die Ta- taren, Kirgisen und Kalmücken zwischen Wolga, Ural und Kaspischem Meer. In Polen und in den Städten des Südwestens wohnen etwa 3 Mill. J uden. Auch etwa 1% Mill. Deutsche nennen Rußland ihre Heimat. Sie sind entweder selbständige Kaufleute und Industrielle oder Angestellte in Unternehmungen solcher. Die mit Härte durchgeführte Russifizierung der Ostseeprovinzen und Finnlands trieb viele Deutsche aus dem Lande. (Erst neuerdings ist die deutsche Sprache wieder als Unterrichtssprache in den deutschen Privatschulen zugelassen.) Blühend sind trotz starker Rückwanderung (nach Posen und Deutsch-Ostafrika) die deutschen Ackerbau- kolonien nördlich am Schwarzen Meer vom Pruth bis zum Don, an der Wolga und im Kaukasus (Katharina Ii.). Starke deutsche Kolonien haben Moskau, Petersburg und Odessa. Die große Mehrzahl des Volkes gehört der griechisch-orthodoxen Kirche an; die römisch-katholische Kirche hat ihre Bekenner im wesentlichen in Polen, die evangelische in den Ostseeprovinzen. Auch der Muhamedanismus und das Heidentum zählen viele An- hänger. Die geistige Kultur ist bis auf Finnland, das ein blühendes Schulwesen besitzt, sehr gering. Die russischen Bauern waren bis 1861 Leibeigene, und die ihnen mit der Aufhebung der Leibeigen- schaft gewährte persönliche Freiheit ist kein rechter Segen für sie

5. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 75

1908 - Berlin : Süsserott
- 75 — Die russische Getreideausfuhr ist bei dem sehr starken Brotverbrauch trotz der reichen Erträge in einzelnen Gebieten nur in sehr günstigen Jahren gerechtfertigt. Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen, wie anhaltender Dürre und Spätfrost, treten in den weniger bevorzugten Landschaften oft Mißernten und in deren Gefolge Hungersnöte ein. Wenn trotzdem immer ein starker Getreideexport stattfindet, so erklärt sich dieses aus dem Umstand, daß der russische Bauer sofort nach der Ernte Steuern zahlen und daher verkaufen muß. Die Hauptgetreide gebiete liegen zwischen Dnjepr und Wolga (große Mühlen in und bei Odessa); Kartoffeln werden überall, besonders aber in Polen (starke Spiritusproduktion!) angebaut; Mais gedeiht in Südrußland, Anis und Senfsamen liefert die Umgegend von Sarepta. Polen liefert Raps und Rübsen; in den an Österreich-Ungarn grenzenden Gebieten ist die Zuckerrüben- kultur außerordentlich wichtig. (Rußland ist nach Deutschland und Österreich-Ungarn das dritte Zuckerland Europas. Erzeugung 1905/06: rund i Milliarde t.) Speiseöl wird in Mittel- und Südrußland aus den Samen der Sonnenblume gewonnen; der Weinbau blüht im Kaukasus, in Bessarabien, auf der Halbinsel Krim und im Mün- dungsgebiet des Don. (Katharina Ii. siedelte deutsche Winzer in der Krim an.) Hanf und Flachs werden seit alter Zeit in den Ostsee- provinzen und Mittelrußland angebaut und sind wichtige Ausfuhr- gegenstände. Hauptplatz dafür ist Riga. Baumwolle liefert Transkaukasien (Eriwan). Der Wald bedeckt fast zwei Fünftel der ganzen Fläche (in Finn- land die Hälfte) und gehört zum größten Teil der Krone und dem Adel. Auch er wird schlecht bewirtschaftet und rücksichtslos ab- geholzt. Erst in neuester Zeit beginnt man mit Neuaufforstungen, da sich die Erkenntnis von der Schädlichkeit des bis dahin betriebenen Raubbaus allmählich Bahn bricht. Holz, besonders auch Nußbaum aus dem Kaukasus, ist ein bedeutender Ausfuhrgegenstand (1906 allein nach Deutschland für 102 Mill. M). Haupthandelsplatz für Holz ist Archangelsk. (Warum?) Die Tierzucht ist eine Hauptsäule des russischen National- reichtums. Der Reichtum an Wiesen und Weiden (16% der Fläche — Steppen) begünstigt die Aufzucht der Haustiere sehr, und Rußland übertrifft an Größe seiner Bestände alle übrigen Staaten Europas. (Stückzahl: 23 Mill. Pferde, 36 Mill. Rindvieh, 44 Mill. Schafe und 11,4 Mill. Schweine, daneben etwa % Mill. Renntiere im Norden

6. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 76

1908 - Berlin : Süsserott
— 76 — und reichlich i Mill. Kamele bei den Steppenvölkern. Vergleiche damit die deutschen Viehbestände, Teil I, S. 48.) Obenan steht danach die Schafzucht, welche besonders im Süden des Schwarzerdgebietes und in der Steppe gepflegt wird. Die Rinderzucht arbeitet in erster Linie auf die Gewinnung von Fleisch, Häuten und Talg und ist blühend am Dnjepr und Dnjestr (Ukraine und Podolien). Pferde werden von den südlichen Völkerschaften (Kosaken am Don) auf freier Weide, in Litauen und Polen in Gestüten gezogen. Die Schweinezucht ist am stärksten in Polen (Sperrung der deutschen Grenze der Seuchengefahr wegen, Teil I, S. 49). An der mittleren Wolga, an der Oka, in Kleinrußland und im Weichsel- gebiet wird Bienenzucht getrieben, Seidenraupenzucht auf der Krim und im Kaukasus. Hervorragend ist die russische Geflügel- zucht (Polen, Wolgagebiet). Geflügel und Eier gelangen in Mengen zur Ausfuhr (1906 nach Deutschland für 58 Mill. M Eier und für 32 Mill. M Geflügel), ebenso Pferde, Häute, Felle, Butter und Borsten. Fischerei und Jagd bringen ebenfalls reiche Erträge. Erstere ist sehr einträglich auf der Wolga, im Kaspischen und Schwarzen Meere (Kaviar und Hausenblase), und die Jagd noch ergiebig in den großen Wäldern (Bären, Wölfe) und im Norden (Fuchs, Hermelin, Zobel und Marder). 2. Bergbau. Rußland ist in Ansehung seiner mineralischen Schätze eins der gesegnetsten Länder der Erde. Von den unerschöpf- lichen Reichtümern an Erzen und Kohlen bleiben aber viele ungehoben und ungenutzt (Mangel an Verkehrswegen). Für die Industrie ist es wichtig, daß Kohle und Eisen häufig zusammen vorkommen. Die Gesamtförderung an Steinkohlen stellte sich 1904 auf kaum 20 Mill, t, und die Roheisenerzeugung 1905 auf 2,7 Mill. t. Es ist daher an beiden Mineralien eine starke Einfuhr notwendig. Von den fünf Bergbaugebieten (Kaukasus, mittelrussisches Becken um Moskau und Tula, Ural, südrussischer Bezirk um Donez und Dnjepr, polnisches Becken an der schlesischen Grenze) sind die beiden letzt- genannten die zurzeit wichtigsten. Das Donez - Dnjeprbecken (Rostow und Jekaterinoslaw) umfaßt gegen 30 000 qkm und liefert vorzüglichen Anthrazit und 60—7oprozentige Eisenerze. Im pol- nischen Gebiete (Sosnowice) werden neben Eisenerzen und Stein- kohlen auch Zink- und Bleierze gefördert. Der Ural (Slatoust und Jekaterinburg) besitzt unerschöpfliche Eisenerzlager, und von

7. Teil 1 - S. 11

1915 - Berlin : Heymann
I. Per Krieg u rechtzeitig vor dem geplanten Kriegsausbruch unter lhandelsvorwänden so viel englische Schiffe in den russischen Ostseehäfen zu versammeln, daß ein russisches Landungskorxs nach Pommern hätte übergesetzt werden können. Rach den zunächst getroffenen Verabredungen hätte man eigentlich erwartcu sollen, daß der Krieg gegen Deutschland erst im Frühjahr zgt6 ausbrach, wenn die Verbündeten mit ihren militärischen Vorbereitungen ganz fertig und die deutschen Erntevorräte von ^5 annähernd verzehrt sein würden, welche Umstände dazu geführt haben, den Mord des österreichischen Thronfolgers früher geschehen zu lassen und den Krieg an ihm zu entzünden, das kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es ist aber unwahrscheinlich, daß Rußland bei dem Morde seine bfand außer Spiel gehabt hat, und man darf außerdem wohl auch annehmen, daß die russische Kriegspartei geglaubt hat, schon der Mord allein werde das Gefüge des österreichischen Staates zertrümmern, die österreichischen Slawen würden dem Ruf zu den Waffen nicht Lolge leisten und Österreich eine leichte Kriegsbeute werden. C. Der Ariegszrrstand nnh die Ariegserklärung. Nachdem die österreichische Regierung durch eine wochenlange Unter- suchungsarbeit festgestellt hatte, daß die Verschwörung gegen das Leben des Thronfolgers von amtlichen serbischen Stellen gebilligt und gefördert worden war, verlangte sie von Serbien unbedingte Garantie dafür, daß die Schuldigen gestraft würden und ähnliche Unternehmungen gegen die Sicherheit Öster- reich-Ungarns nicht nrehr vorkämen. Um Klarheit vor aller Welt zu schaffen, sollten österreichische Beamte an der weiteren Untersuchung des Mordes in Serbien teilnehinen, denn sonst hätten die Serben natürlich alles geleugnet. Die serbische Regierung fragte bei der russischen an, wie sie sich verhalten solle. Rußland, zum Kriege entschlossen, erwiderte, Serbien möge nicht nachgeben; es werde auf jeden Lall durch die russische Macht gedeckt werden. Nachträglich haben wir durch die russischen Truppenformationen selber, die gleich am Anfange des Krieges an der deutschen und österreichischen Grenze auftauchten, den Beweis dafür erhalten, daß Rußland den Krieg schon monatelang vor seinem Ausbruch planmäßig vorbereitet hatte. Ts waren kaukasische und sibirische mobile Truppenteile, die uns und unserm Bundes- genossen schon in der ersten bfälfte des August entgegentraten, und das war nur möglich, wenn ihre Mobilmachung um Monate und ihr Transport nach dein Westen um Wochen zurück begonnen hatte. Trotzdem erklärte noch am 27. Juli der russische Kriegsminister dem Militärbevollnrächtigten des deutschen Kaisers in Petersburg ehren wörtlich: kein Mobilmachungsbefehl sei er- gangen, es würden nur Vorbereitungsmaßregeln getroffen; kein p>ferd fei ausgehoben, kein Reservist sei eingezogen. Die deutschen Vertreter in Rußland waren aber, wenn sie auch nicht wußten, wie weit die russischen Vorberei- tungen schon gediehen waren, darüber im klaren, daß Rußland mobilisierte, und der Militärbevollmächtigte drückte sich daher in seinem Bericht an den Kaiser dahin aus, er wisse nicht, wozu das falsche Ehrenwort des russischen Ministers dienen solle, wenn nicht dazu, um Deutschland zu betrügen. Das-

8. Teil 1 - S. 10

1915 - Berlin : Heymann
pani Rahrbach 10 bevölkert ist: polen, Ruthenen, Tschechen, Slowenen, Kroaten, Serben usw. An Deutschland erging dabei wiederholt durch allerlei Mittelsmänner das vertrauliche Anerbieten: wenn es zusehen wolle, wie Österreich-Unaarn von Rußland niedergeworfen werde, so hätte man russischerseits nichts'da- gegen, wenn das Deutsche Reich die österreichischen Deutschen mit sich ver- einigte. Daran, diesen Judaslohn anzunehmen, hat die deutsche Politik nie auch nur einen Augenblick gedacht und auch nicht denken dürfen. Man hat wiederholt gesagt, und auch Fürst Bismarck hat sich das Wort zu eigen gemacht: wenn Österreich-Ungarn nicht da wäre, so müßte man es erfinden. Damit ist gemeint, daß zur Sicherheit Deutschlands gegen den kolossalen östlichen Nachbarn eine zweite Großmacht existieren muß, die alle die kleineren Stämme und Völker zwischen den Gstalpen, demadriatischen Meer und dem russischen Tiefland zu einem politisch-militärisch widerstandsfähigen Staats- wesen zusammenfaßt. Indem wir uns entschlossen haben, für Österreich- Ungarn als Bundesgenossen unserm Vertrag gemäß einzutreten, kämpfen wir nicht für eine fremde, sondern für die eigene Sache, würde es Rußland gelingen, Österreich-Ungarn zu zertrümmern und seine Grenzen entweder direkt oder durch das Zwischenglied machtloser Vasallenstaaten bis nach präg und Trieft vorzuschieben, so wären wir voraussichtlich nicht mehr imstande, uns zwischen diesem Riesen auf der einen, dem feindseligen franzö- sischen Nachbarn und dem auf unseren Untergang bedachten England auf der andern Seite, aufrecht zu erhalten. Die englische Politik hatte es, wie wir sahen, glücklich fertig gebracht, die neuen Ziele Rußlands, die sich in Östasien auf einem für Deutschland ungefährlichen Boden zu bilden begannen, zu zerstören und die russische Politik wieder nach dem Grient zurückzudrängen: dorthin, wo der Konflikt mit den deutschen Interessen und mit den Lebensbedingungen unseres österreichischen Verbündeten in Aussicht stand. Die englische Rechnung stimmte, weil der Nationalismus und Panslawismus in Rußland, die russische Kriegspartei, die vom Kriege auch noch eine Bändigung des inneren Widerstandes gegen den verdorbenen Zarismus erhoffte, nach der Niederlage gegen die Japaner ihre Genugtuung haben mußte. Keine innere Lebens- notwendigkeit nötigte Rußland dazu, die Türkei zu zerstören und alle Slawen unter seiner Herrschaft zu vereinigen. Es war gewaltsame, frevelhafte Macht- gier. England aber kannte diese russische Stimmung und verstand mit ihr zu rechnen. Als im Januar Rußland, militärisch immer noch nicht ganz zum Kriege fertig, vor den: Schild, den wir schützend über die asiatische Türkei hielten, zum letzten Male zurückwich, da beteiligte sich England ohne weiteres an den russisch-französischen Vorbereitungen, die sich nun direkt auf den baldigen Krieg hin richteten. Rußland nötigte Frankreich zur Einführung der dreijährigen Dienstzeit und ließ sich von den Franzosen die abermaligen Milliarden versprechen, deren es zum letzten Ausbau seiner strategischen Eisenbahnlinien gegen Deutschland bedurfte. England beteiligte sich an dem anti-deutschen Bunde, indem es ein besonderes Flottenabkommen mit Rußland vorbereitete. Nachträglich erfuhr man, daß bei diesem Abkommen geplant war, die russische Flotte unter englischen Oberbefehl zu stellen und

9. Teil 1 - S. 18

1915 - Berlin : Heymann
paúl Rahrbach 18 Und alles, was der Reichstag leistete, ist nur ein kleines Spiegelbild der Geschlossenheit und Einigkeit unseres Volkes; so wie er, so fühlen, denken und handeln 68 Millionen Deutsche. Keine Partei, kein Stand, keine Konfession hält sich zurück; alle durchzittert mir ein Gedanke: das einige Deutschland ist unüberwindlich! Einig wie nie zuvor ist das deutsche Volk: einig unter sich in allen Stämmen, in allen Ständen, in allen Konfessionen. Das Jahr ^8^3 kann das Volk nicht so ergriffen haben, wie dieser wirkliche Volkskrieg, den Bismarck vorausgesagt hatte. Regierende deutsche Bundesfürsten ziehen mit ihren peeren ab, ernennen ihre Frauen, darunter des Kaisers einzige Tochter (in Braunschweig), zu Regenten, wenden sich in Aufrufen an ihre Völker, bringen Opfer aller Art. Dies Beispiel von oben reißt alles Volk mit sich. Parteien und Fraktionen kannte der Reichstag nicht mehr, und auch das Volk kennt sie nicht; der Kaiser hat die Parole ausgegeben, die von Königsberg bis Konstanz, von Oberschlesien bis an die belgische Grenze Gemeingut wurde: „Ich kenne nur Deutsche!" wie sehr ist sonst unser Volk zerrissen: auf konfessionelle Gegensätze bauten Toren ihre Hoffnungen auf; mit Elsässern und Polen wollten Franzosen und Russen das Reich im Innern schwächen. Alle diese Trugbilder sind zerschlagen! ein einiger Reichstag — ein einiges Volk — einschließlich der Sozialdemokratie. Jahrelang hat sie jede Forderung für peer und Marine abgelehnt, den Weltfrieden gepredigt, wie die internationale Sozialdemokratie diesen erhofft, und darum die letzten großen Wehrvorlagen abgelehnt. Manche Auslandshoffnung wurde an die ablehnende paltung dieser Partei geknüpft; aber diese Träumer kennen unser deutsches Volk nicht. Seine Kultur, seine Selbständigkeit sah es bedroht, da fiel der Mantel der Partei: das treue deutsche perz schlug für das Vaterland. Ost und West, Süd und Bord, Protestanten, Katholiken, Juden, alles war in der Stunde der Gefahr „ein einig Volk von Brüdern", wo Deutschland so schwer bedroht wurde, wie es von Rußland geschehen ist, wo der deutsche „Friedenskaiser" so schmählich betrogen wurde, wie von dem in kulturfeindlichen Banden lie- genden russischen Zaren, da gab es nur eine heilige Parole: Auf in den heiligen Krieg gegen Unkultur, Treulosigkeit und brutale Unterdrückung!" E. Deutschlands Einigkeit und Hoffnung für die Zukunft. Die Offenbarung der inneren Einheit des deutschen Volkes in der Schicksalsstunde, da uns die Feinde mit demangriff aufdiegrundlagenunseres nationalen Daseins überfielen, ist das größte Erlebnis, das wir seit deraufrich- tung des Reiches vor dreiundvierzig Jahren gehabt haben, wie viele gab es unter uns, die daran zweifelten, daß dies möglich fein würde! Eine auf- richtige und eindringliche politische Überlegung muß uns aber sagen, daß wir diesen Triumph der Einheit am meisten doch dem verdanken, daß der deutsche Kaiser und die Reichsregierung den Frieden unter allen Umständen so lange

10. Teil 1 - S. 20

1915 - Berlin : Heymann
20 paúl Rohrbach reißen und womöglich noch ein Stück vom übrigen linsen Rheinufer dazu. <£s will uns gemeinsam mit Rußland und England eine ungeheure Kriegs- kontribution auferlegen und uns dadurch unfähig machen, uns militärisch wieder zu erholen. Rußland will vor allen Dingen Österreich-Ungarn zer- schlagen, uns unseres treuesten Bundesgenossen berauben. U)ir sagten aber bereits und müssen das immer wieder von neuern auf das stärkste betonen: die Existenz Österreich-Ungarns als einer starken Macht bedeutet für uns eine absolut notwendige politische Lebensversicherung gegen die Übermacht Rußlands. Rußland verkündet, es wolle Polen wieder- herstellen, allerdings unter russischer Herrschaft, und das wiederhergestellte polen soll alle jetzt deutschen Provinzen erhalten, die früher einmal polnisch waren. Dazu gehört Posen, dazu gehört Westpreußen, ja auch Ostpreußen ist jahrhundertelang ein polnisches Lehen seiner perzöge und später der Kurfürsten von Brandenburg gewesen. Dies Schicksal hat man uns bereiten wollen, will man uns noch heute bereiten, wenn die Entscheidung der Waffen es so fügen wollte. Wir ver- trauen darauf und wir wissen, daß es anders kommen wird. Wenn es aber anders kommt, gründlich anders, als die Gegner sich denken, wenn nicht wir, sondern jene die Kosten für den unerhörten Friedensbruch bezahlen müssen, so wird ein Pauptverdienst daran die unwiderstehliche Kraft haben, die uns aus unserer vollen inneren Einheit zufließt. Deutschland ist unbesiegbar, wenn es einig ist. Zu dieser Einheit gehört aber nicht nur der innere politische Zusammenschluß, so wie er \87o/7\ geschehen ist, sondern auch das Bewußtsein der nationalen Zusammengehörigkeit bei allen Ständen und Parteien. Ohne das würden wir auf die Dauer nicht stark genug sein, die ungeheure Last dieses Krieges zu ertragen. Die Einheit aber ist uns erst dadurch zuteil geworden, daß jeder einzelne Mensch unter uns fühlte: wir haben wirklich bis zum letztmöglichen Augenblick mit dem furchtbaren Ent- schluß des Krieges gewartet! Wir haben uns um den Frieden bemüht, solange es uns überhaupt möglich war! wir haben selbst dann noch gezögert, als jeder Vorsprung in der Mobilmachung den feinden das gefährlichste Über- gewicht verleihen konnte! weil gar kein Zweifel mehr daran möglich war, daß es das Verderben Deutschlands bedeutet hätte, noch länger an Frieden zu denken, darum kam es zu dem gewaltigen Erlebnis des 4. August: ein einig Volk von Brüdern! An den Ausgang dieses Krieges knüpft sich unsere Zuversicht, daß wir in dem Aufstieg zum Weltvolk, in dem wir seit unserer politischen Einigung vor anderthalb Menschenaltern begriffen sind, nicht werden innezuhalten brauchen. Die Absicht der Feinde war es, die Wurzeln unserer Entwickelung zu zerschneiden. Sie selber, Russen, Engländer und Franzosen, sie wollten sich in ihrer Stellung nicht nur behaupten, sondern noch immer weiter wachsen, noch immer neue Länder, Nationen und Stämme sich unterwerfen, wir aber sollten zurückgehalten werden und uns nicht aus- dehnen dürfen. Das deutsche Volk und die deutsche Regierung haben den Gedanken an gewaltsame Eroberungen ehrlich und immer von sich gewiesen. Nie ist es ein deutsches Ideal gewesen, Weltherrschaft im englischen oder russischen
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